Und es geht tatsächlich!


Aus der englischen Zeitschrift CAR ein Bericht über die Entwicklung des Lightning



 
DER V8-MOTOR  




  in einem Chassis, leicht und schnell wie unsere Seven. 

Versteckt in einem Industriegebiet in Oxfordshire steht ein revolutionärer und wilder neuer Sportwagen, 
gebaut von denselben Leuten, die den Rocket auf die Beine gestellt haben. 
COLIN GOODWIN, der von Anfang an dabei war, enthüllt den Lightning. 
Der Plan wurde ausgeheckt in einem indischen Restaurant vor drei Jahren
Rocket - Mann Chris Craft und Designer Peter Stevens waren anwesend, zusammen mit drei Mitarbeitern von CAR. 
Zwischen einem Haufen indischer Reisgerichte fuchtelten wir mit den Armen herum und bekritzelten die ganze Tischdecke. 
Ein Auto war geboren.
Bevor wir Essen gingen, wollte uns Craft noch etwas zeigen, das er im Kofferraum seines schäbigen Peugeot 205 verstaut hatte. Als er den Karton öffnete, staunte wir, die CAR-Mannschaft, Horrell, Bremner und Goodwin nicht schlecht. Unter dem Kofferraumdeckel kam ein kleiner V8-Motor zum Vorschein, der so kompakt war, daß er den kleinen Peugeot Kofferraum nicht mal annähernd ausfüllte. 

Ich, ein Motorrad-Enthusiast, wußte sofort, was ich da vor mir sah: 

Zwei Yamaha-Zylinderblöcke und -köpfe zusammengesetzt zu einem V8. Er sah phantastisch aus, genau wie ein F1-Motor: 
acht Metalltrichter und leuchtend rote Ventildeckel. 
Als Craft die technischen Daten runterleierte, schlugen unsere Unterkiefer auf den Magen auf. 
Gewicht: 70kg, Leistung: 300PS bei 10000upm - mit einem 2l-Sauger. 
Und das wurde an einem Dyno gemessen, der nur 10000upm verträgt. Der Motor dreht aber bis 11000. 
Dieser beeindruckende Motor war das Werk von Tony Hart, dem Bruder des Motor-Gurus Brian Hart, und Russell Savory, einem bekannten Motorrad-Tuner. 
Die Idee, Kopf und Block eines Vierzylindermotorrades zu nehmen ist nicht die dümmste. Wie wir wissen ist die Eigenentwicklung von Zylinderköpfen sehr kostspielig, und wenn man diesen Schritt umgehen kann ist der erste Schritt zum Motordesign schon getan. Und wenn man schon die Köpfe nimmt, dann kann man auch gleich Blöcke und Kolben verwenden (die Pleuel wurden bei diesem Motor durch Carillo-Stahlpleuel ersetzt). Der V8 hat eine flache Kurbelwelle (180 Grad), was bedeutet, das jede Zylinderbank für sich als R4 läuft, und man die original Nockenwellen und somit die Zündfolge der FZR beibehalten kann. 

Nun brauchten wir ein Vehikel für dieses unglaubliche Triebwerk. 
Eines war offensichtlich: es mußte sehr, sehr leicht sein. 
Was macht es für einen Sinn, ein Kate Moss-Triebwerk in ein Jo Brand-Chassis zu setzen? Bremner argumentierte für einen Frontmotor, aber erfolglos. Craft und Stevens bevorzugten das Mittelmotorkonzept aufgrund praktischer Überlegungen: 
keine Kardanwelle, kein Antriebstunnel, einfach eine Motor-Antriebseinheit vor/auf der Hinterachse. Außerdem läßt sich die Gewichtsbalance so leichter bewerkstelligen. 
Die nächste Frage war, wie das Chassis aussehen sollte. 
Die CAR-Männer schlugen einen Alurahmen vor, zweifellos inspiriert vom neuen Audi A8. Wir nahmen dem Lotus Elise vorweg an, daß man Alurohre mit Gussknotenelementen verschweißen kann. Zustimmendes Nicken von Craft und Stevens. 
Ich fragte mich, ob man nicht auch Kohlefaserrohre auf dieselbe Art mit solchen Gußteilen verkleben kann. Man kann, aber es ist zu teuer. Aber für die Halbwellen könnten wir sie benutzen, so wie Renault sie im Espace verarbeitet. 
Der Werkstoff für die Karosserie war schneller gefunden. Da keine hohen Stückzahlen produziert werden, kommen Preßbleche aus Stahl oder Alu nicht in Betracht. Glasfaserverbund ist also der naheliegende Werkstoff für die Produktion, wobei der Prototyp aus Alublech gedengelt werden kann. Das ist immer noch die billigste Lösung für ein Einzelstück, dessen endgültige Form noch nicht feststeht. 
Keine Woche später erhielt ich per Post ein Bündel Zeichnungen von Stevens. 
Sie waren den Skizzen, die der indische Wirt wahrscheinlich immer noch nicht aus seiner Tischdecke rausgekriegt hat, sehr ähnlich. Schwer zu sagen, wie man sich ein fertiges Auto auf Grund von Zeichnungen vorstellen soll, 
aber der Lightning, wie wir es vorerst nannten, sah vielversprechend aus. 
Ein bißchen wie der '60er offen Sportwagen von Cooper, und dafür muß man sich nicht schämen. 
Wir hatten also einen Motor, ein Getriebe (es gibt hier viele Möglichkeiten, mit dem Drehmoment des V8 fertigzuwerden), und wir hatten eine Vorstellung, wie die Karosse einmal aussehen soll. 
Blieb nur noch eine Frage: aus welchem Stoff machen wir das Verdeck? 
Craft konnte das klären. 
Einige Monate später war Craft am Telefon. 
Er schlug vor, daß ich zu einer Fabrik in Harlow kommen solle, um mir etwas anzukucken. Auf dem Boden stand ein komplexer Alurahmen. Er sah ein bißchen wie ein Maserati aus. OK, so ein Rohrrahmen ist ziemlich altmodisch, aber die Konstruktion hat schon ganzen Generationen gedient und tut immer noch ihren Dienst z.B. im Ferrari F355. Außerdem kann so ein Alurahmen im Laufe der Entwicklung ständig wieder verändert werden. Hartgelötet natürlich, das hält besser als geschweißt, außerdem wird das Material thermisch nicht so stark beansprucht und verzieht sich nicht. 
Genau wie der erste Rocket wurde dieser Rahmen von Tony Mundy von Jaymun Racing gefertigt. 
Den kleinen V8, der geschickt am Heck montiert war, hätte ich fast übersehen. 
Ein geradeverzahntes Getriebe von Staffs Silent Gears war schon angeflanscht. Das ist zwar ziemlich laut, aber als Ausgleich gibt’s dafür eine sehr schnelle Betätigung. Außerdem ist eine Änderung der Übersetzung problemlos möglich. 
Desweiteren war schon ein Tonmodell der Karosserie zu bestaunen, das ex-Lotus-Mann Bob Curl nach Stevens Zeichnungen geformt hatte. 

Stevens und Craft haben sehr gute Beziehungen zu Leuten, die man brauchen kann. 
Gordon Murray zum Beispiel. Murray ist nicht wirklich in das Projekt einbezogen, aber er hat sich vorher die Pläne angeguckt und alles abgecheckt. 
Egal, zurück zum Tonmodell. 
Es kommt nicht oft vor, daß man in einem so frühen Entwicklungsstadium nach seiner Meinung gefragt wird, also hab ich meinen wichtigstes Anliegen vorgetragen: stellt sicher, daß man auch bei geschlossener Motorhaube den Motor sehen kann. 

Viele weitere Monate später berichtete uns Craft von der weiteren Entwicklung. 
Im Moment wurden gerade die Auspuffkrümmer gefertigt, 
eine Scheibe wurde gesucht und die Räder wurden von OZ-Racing geliefert. 
Dann wurden wir zu einer Firma namens Metalpro in Nord-London zitiert, die uns etwas zeigen wollten. 
Metalpro hieß früher Grand Prix Metalcraft, sie fertigten Aluteile für fast alle F1 Teams in den '60er und '70er Jahren. Jetzt arbeiteten sie an der Lightning-Karosserie. Zunächst übertrugen sie die Tonform auf einen Holzblock, auf dem sie dann die Aluteile formen konnten. 
Zu dem Zeitpunkt, als Bremner und ich die Firma besuchten, waren die meisten Bleche gerade an der Holzform befestigt, so daß wir uns ein exaktes Bild vom fertigen Fahrzeug machen konnten. 
Dieser Autobau ist ein schwieriges Geschäft und vor allem zeitraubend, besonders wenn das Budget dünn ist. Crafts Zeit war außerdem mit vielen anderen Dingen ausgefüllt, so wollte er z.B. eine Rocket-Rennserie auf die Beine stellen, leider erfolglos. 

Fast drei Jahre 
nach dem Essen in London empfinde ich es als erfreuliche Überraschung zu einer weiteren Firma, diesmal in der Nähe von Wantage, eingeladen zu werden. Ich darf das nun rollende Chassis inspizieren. Besser noch, Craft schlägt mir vor, damit zu fahren. Zwar ohne Karosserie, aber nach der langen Wartezeit ist mir das ganz egal. 

Ich will einfach diesen unglaublichen Motor spüren. 

Ohne Karosserie sieht man das Auto in seiner schönsten Form - nichts ist versteckt. Das Chassis wurde inzwischen lackiert und sieht großartig aus. Der Lightning hat denselben Radstand wie der Rocket, aber anstelle von zwei hintereinander montierten Sitzen liegen die Sitze hier nebeneinander, also ganz normal. 
Weil die Antriebseinheit so klein ist und der Mitteltunnel fehlt, ist im Innenraum eine Menge Platz. Im Moment sind zwar keine Türen dran, aber es wird sowieso ein Auto für Minimalisten. 
Craft verspricht, daß der Lightning höchstens 500 kg wiegen wird, und man braucht keinen Taschenrechner, um sich klarzumachen, daß das 600PS pro Tonne sind. 
Das Leistungsgewicht liegt also im Bereich eines Mc Laren F1. Für den Lightning wurden eine Menge Teile des Rocket verwendet, so z.B. die Brembo Vierkolben-Sättel (vorne und hinten), die Achsschenkel sowie das Lenkgetriebe. Das Lenkgetriebe des Rocket ist sehr leichtgängig, so daß es auch im Lightning einen guten Dienst tun kann. Alle Räder sind einzeln aufgehängt, und es wurden konventionelle Feder/Dämpfer Einheiten von der Firma EMC verwendet. 
Man muß das Heck des Fahrzeugs wirklich in Plexiglas einpacken, so atemberaubend sieht das Triebwerk aus. Der einzige Ort, an dem man sowas sonst noch zu sehen kriegt ist in der Formel 1, wenn mal die Motorabdeckung abgenommen wird. Neben den prächtigen Einlasstüten ist da noch die wunderschöne Auspuffanlage mit zwei Schalldämpfern direkt über der Achse. Das handwerkliches Können, das in diesem Motor steckt, ist fabelhaft, vom grauen Kurbelgehäuse über die eloxierten Halterungen bis hin zu den Riemenscheiben an der Front des Motors. 
Wie man es von solch einem Motor erwarten würde besitzt er eine Trockensumpfschmierung. Eine zahnriemengetriebene Ölpumpe ist neben der Ölwanne befestigt. Zwischen den Zylinderbänken liegt die Wasserpumpe und neben den linken Zylindern ist die Lichtmaschine angebracht. 
Mit einem Einspritzsystem brauchte man sich gar nicht erst rumzuschlagen, da die Mikuni Gleichdruckvergaser hervorragend funktionieren. Falls man noch mehr Leistung benötigen sollte, können Flachschiebervergaser verwendet werden. Durch den Einsatz moderner Elektronik gehören die Zündverteiler der Vergangenheit an. Die FZR hat zwei Zündspulen die jeweils zwei Zündkerzen versorgen, also hat der V8 vier Spulen. Ein Sensor an der Kurbelwelle steuert den Zündzeitpunkt. 

Wir sind fast fertig. 

Zuerst möchten wir uns vergewissern, ob die Kühlung funktioniert, der Wagen bleibt noch aufgebockt. 
Der Wagen hat noch kein richtiges Armaturenbrett, statt dessen nur einen Drehzahlmesser und ein Öldruckmanometer. Außerdem zwei Schalter für die Benzinpumpe und die Zündung. Nun hält einer der Mechaniker die Drosselklappen auf, während ein anderer den Starter betätigt. 

Sofort erfüllt ein wildes Gebrüll den Raum. 

Jetzt, nach drei Jahren, weiß ich wie sich ein 2l V8, der bis zum Mond dreht, anhört. Es ist unglaublich, ich habe niemals zuvor ein solches Geräusch außerhalb eines Fahrerlagers gehört. 
Natürlich ist Craft noch vor mir dran. Es regnet, aber das Fehlen der Windschutzscheibe stört uns nicht. 
Die Leistung des Motors wird uns sicher ablenken. 
Wir haben ein kleines Problem. 
Craft versucht einen Gang einzulegen und läßt die Kupplung kommen, aber der Wagen bewegt sich nicht, 
auch nicht, als er die Drehzahl erhöht. 
Wir schieben ihn also an, und er fährt mit einem kreischenden Schrei aus dem Getriebe davon. Warum die Getriebefirma ihre Getriebe als leise bezeichnet verstehe ich nun nicht mehr. Wir hören die Gänge noch mehrere Hundert Meter entfernt rattern. 
Noch lauter wird's, als Craft die Räder durchdrehen läßt und auf der Stelle dreht. Der Lightning rast wieder auf uns zu, er nimmt eine Kurve mit riesigem Übersteuern - und einem genau so großen Grinsen. 
Jetzt bin ich an der Reihe. 
Das Problem ist, das die Lichtmaschine nicht angeschlossen ist und die Batterie inzwischen nicht mehr genügend Saft hat. Wir bauen eine aus Crafts Isuzu aus und lösen so das Startproblem, aber auch ich kriege zunächst keinen Gang rein. 
Irgendwann schaffe ich es dann doch noch. Im Moment läuft der Motor ein wenig stotternd, aber das legt sich schnell. 
Sowas bin ich noch niemals vorher gefahren. 
Der Lärm ist unglaublich, genau wie die Beschleunigung. Ich komme sofort quer in der Kurve, aber die Lenkung ist so direkt, daß ich es leicht abfangen kann. 
OK, das Getriebe ist laut, aber es ist so schnell, wie ich es mir vorgestellt habe. Der Geschwindigkeitsrausch wird durch das Fehlen der Scheibe noch intensiver. Als ich ans Ende der Piste komme, beginnen meine Augen zu tränen. Ich riskiere kein Durchdrehen der Räder, sondern wende langsam im ersten Gang. 
Craft zitiert mich zurück, aber schon dieser kleine Turn hat mir Appetit auf mehr gemacht. 
Der Lightning wird nicht billig: Craft veranschlagt etwa 50000 Pfund. Dieser hier ist schon verkauft, und zwar an Martin Birrane, der Eigentümer der Mondello Park Rennstrecke in Irland. Er wird eine Menge Spaß in seinem Lightning haben, weil dieses Auto perfekt für die Rennstrecke ist. 
Craft behauptet, der Lightning wird alltagstauglicher als der Rocket. Zwar nicht für jeden Tag gedacht, aber durchaus für einen Wochenendtrip geeignet. 
Craft schwört, das der Motor genug Drehmoment hat, um auch bei niedrigen Drehzahlen fahrbar zu bleiben. Die Schwungscheibe, an der ein AP-Rennkupplung hängt, ist zwar sehr leicht, sie sollte aber dennoch genügend Energie speichern, um weich einkuppeln zu können. 
Bald wird der Lightning seine Karosserie bekommen, komplett mit Fiat Coupe Rückleuchten und Barchetta Türgriffen. Die Motormacken werden aussortiert, die Lichtmaschine angeschlossen und ein Armaturenbrett montiert sein. Wenn das alles getan ist, freue ich mich auf die erste Fahrt im fertigen Auto. Zur Rennstrecke nach Donington wäre nicht schlecht... 


Anmerkung:
Schon vor über einem Jahr habe ich Kontakt mit Russell Savory und Tony Hart aufgenommen.
Leider sind Sie etwas zurückhaltend mit Informationen über ihren Motor.
Trotzdem habe ich aufgrund dieses Berichtes, der im übrigen schon Mitte 1996 erschienen ist, nochmals Kontakt mit ihnen aufgenommen.
Herr Savory versprach mir einige Photos zu schicken.
Sofort nach Erhalt werde ich sie hier veröffentlichen.

Die beiden oberen Photos stammen von einem Leser meiner Homepage aus England.
Das untere von Herrn Wilhelm Huettner, nach dem Anklicken erscheint ein ausführlicher Bericht in englisch.
Vielen Dank.